Un­se­re Zu­kunft…

… ist an­dern­orts schon Ge­gen­wart

Wir un­ter­stel­len mal, dass Ib­ben­bü­ren wirk­lich fahr­rad­freund­lich sein möch­te, denn ir­gend je­mand in der Ver­wal­tung hat­te vor Jah­ren die Idee, sich als fahr­rad­freund­li­che Stadt zu prä­sen­tie­ren.

Grund­sätz­lich ist die In­ten­ti­on lo­bens­wert und soll auch nicht in Fra­ge ge­stellt wer­den. Städ­te, die jetzt erst an­fan­gen, sich mit der Ver­kehrs­wen­de zu be­schäf­ti­gen und so­mit fahr­rad­freund­lich wer­den möch­ten, ha­ben ei­nen rie­sen­gro­ßen Vor­teil. An­de­re Kom­mu­nen und Städ­te sind ih­nen be­reits um Jahr­zehn­te vor­aus.

Ams­ter­dam und Ko­pen­ha­gen sind in­ter­na­tio­na­le Vor­rei­ter, Pa­ris und Bar­ce­lo­na ha­ben lang­fris­ti­ge Ver­än­de­run­gen durch­ge­setzt und auch Bo­lo­gna hat jetzt ers­te Er­fah­run­gen ma­chen kön­nen.
Ib­ben­bü­ren liegt sehr nahe an der deutsch-nie­der­län­di­schen Gren­ze. Da wäre es sehr leicht, die Nie­der­lan­de als „In­spi­ra­ti­ons­quel­le“ her­zu­neh­men. Man könn­te auch sa­gen: „Go Dutch!“ Aber oft heißt es, „wir sind nicht Hol­land“ — Ib­ben­bü­ren ist an­ders und die Aus­rich­tung aufs Auto kann nach fünf­zig Jah­ren nicht so schnell um­ge­baut wer­den. Of­fen­bar herrscht aber auch eine an­de­re Men­ta­li­tät vor. Die Stadt- und Ver­kehrs­pla­ner sind an­ders aus­ge­bil­det und ge­prägt.
Aber die Stra­ßen­ver­kehrs­ord­nung än­dert sich und ein­zel­ne, wenn auch nur we­ni­ge Aspek­te ei­ner men­schen­freund­li­chen In­fra­struk­tur könn­ten schon be­rück­sich­tigt wer­den.

So schwer­fäl­lig wie die deut­schen Rah­men­be­din­gun­gen viel­leicht sein mö­gen, die mensch­li­chen Be­dürf­nis­se in ei­ner Stadt sind doch eher uni­ver­sell. So ein­ma­lig Ib­ben­bü­ren auch sein mag, die grund­le­gen­den Prin­zi­pi­en ei­ner Stadt sind Dich­te, so­zia­le Di­ver­si­tät, be­leb­ter Stra­ßen­raum und öf­fent­li­ches Le­ben. Auch hier ha­ben die Men­schen An­for­de­run­gen an den öf­fent­li­chen Raum und an die Si­cher­heit im Stra­ßen­ver­kehr, wie über­all auf der Welt.

War­um müs­sen dann Lö­sun­gen im­mer selbst ge­fun­den wer­den? Nun, ein­fach ab­kup­fern und nach­ma­chen wäre zu ein­fach. Über­nom­me­nes wird ge­ring­schät­zig be­trach­tet und viel­leicht ist der Wunsch nach ei­ge­nen Lö­sun­gen auch ein Vor­wand ge­gen schnel­le Ver­än­de­run­gen.
Auch in Ib­ben­bü­ren ist man of­fen­bar die­ser Über­zeu­gung. Es wer­den Be­ra­ter be­auf­tragt eine Si­tua­ti­on zu be­trach­ten, aus­zu­wer­ten und schließ­lich ein Kon­zept zu er­stel­len. So ge­sche­hen mit dem Mo­bi­li­täts­kon­zept in den Jah­ren 2018/ 19. Seit ca. zwei Jah­ren war­ten wir auch auf das an­ge­kün­dig­te Fuß­gän­ger­kon­zept für die In­nen­stadt. Klei­ner Si­de­kick — es wur­de ge­nau­so ver­fah­ren bei der Neu­ge­stal­tung von Schwimm­bad und Bahn­hof.

Und dann – pas­siert erst mal nichts. Ja, si­cher­lich wird das MoKo im­mer wie­der mal zur Be­trach­tung ei­ner Si­tua­ti­on her­an­ge­zo­gen und dis­ku­tiert. Fahr­rad­freund­li­che Maß­nah­men wer­den dann aber sehr oft ver­wor­fen.

Wir möch­ten dem Rat der Stadt, dem Bür­ger­meis­ter oder den Stadt- und Ver­kehrs­pla­nern nicht un­ter­stel­len, dass es um Ver­zö­ge­rung geht. Al­ler­dings er­zeugt das Han­deln der Ver­ant­wort­li­chen lei­der im­mer wie­der eben die­sen Ein­druck. Be­spre­chun­gen wer­den nicht pro­to­kol­liert, An­trä­ge und An­re­gun­gen wer­den ab­ge­lehnt oder blei­ben un­be­ant­wor­tet, Rats­be­schlüs­se wer­den nicht um­ge­setzt, Pla­nun­gen wer­den im­mer wie­der ver­zö­gert.

Da­bei wäre es am wirk­sams­ten, die Ge­fah­ren­quel­len im Stra­ßen­ver­kehr zu be­sei­ti­gen. Die­se Er­kennt­nis und die Ge­fah­ren­stel­len sind längst be­kannt. Fol­ge­rich­tig müss­te der Au­to­ver­kehr Raum an schwä­che­re Ver­kehrs­teil­neh­mer ab­ge­ben. Der Um­welt­ver­bund (Fuß, Rad und ÖV) kann teil­wei­se das Au­to­fah­ren er­set­zen. Und schließ­lich könn­ten durch gute Rad­we­ge, Rad­strei­fen, Bord­stei­ne und Pol­ler Men­schen von den Ge­fah­ren des MIV ge­trennt wer­den.

Ra­deln für Ib­ben­bü­ren möch­te ein­fa­che und si­che­re Rad­we­ge. Wir re­gen klei­ne Ver­än­de­run­gen an, die dazu bei­tra­gen sol­len, den Rad­ver­kehr zu stär­ken. Mehr Ein­woh­ner könn­ten mo­bil sein, mehr Men­schen könn­ten mit den Öf­fis oder mit dem Rad zur Ar­beit pen­deln. Die Vor­tei­le des Rad­fah­rens ha­ben wir dar­ge­stellt.

Bei­spie­le für klei­ne Ver­än­de­run­gen: Ab­bie­gen bei Rot wäre mit Grün-Pfeil für Ra­deln­de mög­lich. Schul­stra­ßen, die den mo­to­ri­sier­ten Ver­kehr vor den Schul­ge­bäu­den ein­schrän­ken, ha­ben ihre Pra­xis­taug­lich­keit be­wie­sen. Stra­ßen­mar­kie­run­gen soll­ten dazu bei­tra­gen, an kri­ti­schen Stel­len für Ori­en­tie­rung zu sor­gen. Durch­dach­te Be­schil­de­run­gen kön­nen dazu bei­tra­gen, dass es ein­fa­cher wird, re­gel­kon­form mit dem Rad zu fah­ren. Mehr si­che­re Ab­stell­flä­chen für Fahr­rä­der ent­las­ten Fuß­we­ge und Rand­be­rei­che.

Fa­zit: Man muss nicht das „Rad neu er­fin­den“ und es ist auch kei­ne Ra­ke­ten­tech­nik not­wen­dig. Fahr­rad­freund­lich wer­den könn­te man durch „Best Prac­ti­ce“ und da­bei gute und schlech­te Er­fah­run­gen be­rück­sich­ti­gen. Mit an­de­ren Wor­ten – auch wenn wir mit der Ver­kehrs­wen­de erst be­gin­nen, es muss nicht ge­nau­so lan­ge dau­ern, wie in den Län­dern, die uns be­reits Jahr­zehn­te vor­aus sind.

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