Ein weiteres Beispiel für Fahrrad-unfreundliche Grundhaltung bei der Verkehrsplanung
Die Bockradener Straße ist nun eine sanierte Durchgangsstraße. Der Fußweg darf von Radfahrenden genutzt werden. Fahrradfreundlichkeit sieht wohl eher anders aus, hier ist Vorsicht angesagt, denn auch mit einem E‑Bike ist man eher langsam an der Steigung unterwegs. Ach ja, und die Bushaltestelle am Waldfrieden liegt auch noch in einer Kurve.
Tja, die Straße ist steil (ca. 12%), es stehen viele alte Bäume dort und es ist eine gute Verbindung zwischen Rheiner Straße und An der Reichsbahn. Für Radler ist es eine Alternative zur Osnabrücker Straße, denn sie führt durch Wohngebiete und verbindet obere und untere Stadtbereiche.
Der Straßenquerschnitt wird hierzulande ja üblicher weise von innen nach außen geplant. Also erst mal Platz für die Autos und Busse. Wenn dann noch Platz da ist gibt es auch einen Fußweg. Also Fußweg auf einer Seite, mehr oder weniger.
An den Radverkehr wird sehr oft nicht gedacht, denn es ist ja auch kein Platz mehr da. Na gut, dann teilen sich die Radfahrenden halt den Verkehrsraum mit den motorisierten Menschen. Wird oft so gemacht, kann man genauso in vielen Straßen sehen. Wenn denn doch noch ein Radweg geplant werden soll, müssten halt Bäume gefällt werden — das will aber auch keiner.
Mmh, denkt sich die Stadtverwaltung, irgendwas müssen wir doch anbieten – dann machen wir wieder Straßenmarkierungen. Bei den jetzt vorgegebenen Straßenbreiten bleibt halt nur Farbe für eine gestrichelte Linie. Leider ist Straßenmalerei keine Infrastruktur und die würde schon helfen, wenn man als Radfahrender den Berg hoch und auch sicher wieder runter möchte. Aber wie?
Die Zeitung schreibt dazu:
„Die Anfrage beim Kreis Steinfurt hat ergeben, … der breite Gehweg bergauf ermögliche den Benutzern des Fahrrades, dass sie aufgrund der hohen Steigung das Rad schieben können. Sportliche oder elektrifizierte Radfahrende nutzen weiterhin die Fahrbahn, um Richtung L 501, Rheiner Straße zu gelangen. Bergab soll es wie geplant einen Schutzstreifen geben.“
IVZ vom 9.5.2024 — Schutzstreifen wird noch markiert
Also jetzt mal für uns Alltagsradelnde, was ist hier erlaubt und verboten? Die StVO definiert das auch nicht so genau, daher wird die Verwaltungs-Vorschrift zur StVO herangezogen. Diese regelt zu §2 der StVO:
„Unter einem Fahrradschutzstreifen ist ein Bereich der Fahrbahn zu verstehen, der durch gestrichelte Linien abgetrennt ist und vorrangig dem Radverkehr zur Verfügung steht…. Da es sich nicht um einem amtlich ausgewiesenen Radweg handelt, besteht keine Benutzungspflicht für Radfahrende. Der Fahrradschutzstreifen ist dem Radverkehr vorbehalten und darf von anderen Fahrzeugen nur in Ausnahmen überfahren werden. Einen Schutzstreifen durchgängig zu befahren, ist nicht zulässig.“
Quelle: Bußgeldkatalog
Aha, das dicke Buch unter dem Arm ist doch nützlich! Hier hört es leider noch nicht auf, es wird noch juristischer…. Der Abstand zu parkenden Autos ist lebenswichtig für Radfahrende. Dooring-Unfälle verursachen schwere Verletzungen und müssen unbedingt vermieden werden. Die Gerichte haben dazu folgendes gesagt:
„Welcher Sicherheitsabstand ausreichend ist, bewerten Gerichte unterschiedlich: Das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken hält einen Sicherheitsabstand von 90 Zentimetern für ausreichend (4 U 80/07). Das OLG Jena fand, dass 80 bis 90 Zentimeter Seitenabstand zum parkenden Kraftfahrzeug zu nahe sei. Doch ein mögliches Mitverschulden des Radfahrers trete gegenüber dem gravierenden Verstoß des Autofahrers gegen die Sorgfaltspflichten beim Einsteigen zurück (5 U 596/06).“
Quelle: ADFC
Fazit: Die Verkehrsplaner demonstrieren ihr schlechtes Gewissen ggü. den Radfahrenden durch mehr Straßenmarkierungen. Ein Schutzstreifen oder auch „Todesstreifen“ ist aber keine Hilfe.
Die Sicherheitsabstände zu parkenden Autos können meist nur eingehalten werden, wenn man links der gestrichelten Linie Rad fährt. Das provoziert wiederum die Autofahrenden und führt zur Missachtung des Mindestabstands von 1,5 Metern beim Überholen.
Wenn der „Sicherheitsabstand“ nicht eingehalten werden kann oder der Gegenverkehr ein Überholen nicht zulässt, darf nicht überholt werden, es besteht ein Überholverbot, kann man nachlesen — §5 (4) StVO. Dieses Überholverbot könnte man ausschildern — will die Verwaltung aber nicht.
Letztendlich wird ein weiteres Mal gezeigt, dass Radwege in Ibbenbüren nicht einfach und sicher sind. Die Fahrradfreundlichkeit der Stadt leidet weiter und verbessert sich nicht.
Deshalb organisieren wir jeden letzten Freitag im Monat eine Critical Mass Fahrrad-Demo. Wir möchten den Verkehr nicht blockieren, sondern zeigen, dass wir auch Verkehrsteilnehmer sind. Mehr Rücksicht auf schwächere Verkehrsteilnehmer und bessere Radwege wären da schon ein Fortschritt!
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