Kri­ti­sche Über­hol­ab­stän­de

Schnel­les und dich­tes Über­ho­len ist ge­fähr­lich für die Rad­fah­ren­den. Wis­sen­schaft­ler ha­ben dazu ge­forscht und be­le­gen, was ei­gent­lich klar sein soll­te.

Karls­ru­he ist be­kannt für pro­gres­si­ve Ver­kehrs­po­li­tik. Vie­le Stra­ßen­bau­pro­jek­te wur­den zu Guns­ten des Rad- und Fuß­ver­kehrs um­ge­baut. Das brach­te er­staun­li­che Er­geb­nis­se. In Karls­ru­he wird auch zur Ver­kehrs­wen­de ge­forscht und ent­wi­ckelt. Das Karls­ru­her In­sti­tut für Tech­no­lo­gie (KIT) hat vor ei­ni­gen Jah­ren Über­hol­vor­gän­ge mit un­ter­schied­li­chen Ge­schwin­dig­kei­ten un­ter­sucht. Be­trach­tet wur­den da­bei die Aus­wir­kun­gen auf Rad­fah­ren­de.

Je­der All­tags­rad­ler kann das nach­voll­zie­hen: Wenn ein Fahr­zeug über­holt, ent­steht erst ein Druck nach rechts und hin­ter dem Fahr­zeug ent­steht ein Sog in Rich­tung Fahr­bahn­mit­te. Das ist na­tür­lich ab­hän­gig von der Grö­ße des Fahr­zeugs, dem Über­hol­ab­stand und der Ge­schwin­dig­keit.

Die Über­hol­ab­stän­de in Ib­ben­bü­ren sind meist zu knapp – das ha­ben un­se­re Mes­sun­gen er­ge­ben. Auf den Haupt­stra­ßen fah­ren au­ßer­dem vie­le LKW – un­will­kür­lich wird je­dem Rad­fah­ren­den mul­mig, wenn so ein gro­ßes Fahr­zeug nä­her kommt. An ro­ten Am­peln ver­schwin­den Ra­deln­de oft im sog. „to­ten Win­kel“. Beim rechts Ab­bie­gen kann oft die In­nen­kur­ve nicht rich­tig ein­ge­se­hen wer­den und beim Über­ho­len wirkt die Bug­wel­le der ver­dräng­ten Luft auch auf den Rad­ler.

Es ein­ste­hen wech­seln­de Druck- und Sog­pha­sen, die wäh­rend des Über­hol­vor­gangs auf Rad­fah­ren­de wir­ken. Wis­sen­schaft­ler vom KIT ha­ben die­se Si­tua­tio­nen un­ter­sucht für Über­hol­vor­gän­ge mit 40, 60, 80 und 100 km/h. Ge­mes­sen wur­de bei Über­hol­ab­stän­den von 0,5 bis 2,0 Me­tern. Also durch­aus die Span­ne, die man auch in Ib­ben­bü­ren er­le­ben muss. Ei­ni­ge Mes­sun­gen in der Stadt zeig­ten so­gar Ab­stän­de un­ter 50 cm an. Er­schre­ckend und mit Si­cher­heit nicht fahr­rad­freund­lich.

Bei den Ex­pe­ri­men­ten wur­de ein mit­tel­gro­ßer Kom­bi be­nutzt und es ver­steht sich von selbst, dass bei gro­ßen Fahr­zeu­gen die Wir­kung noch deut­li­cher wäre. Das Er­geb­nis über­rascht da­her auch nicht:

„Die Kom­bi­na­ti­on aus ho­hen Ge­schwin­dig­kei­ten und nied­ri­gen Über­hol­ab­stän­den ist auf­grund von schnell wech­seln­den star­ken Druck- und Sog­pha­sen für Rad­fah­ren­de be­son­ders ge­fähr­lich.“

ADFC Ba­den Würt­tem­berg

Wer sol­che Druck­wech­sel mal er­le­ben möch­te kann die Si­tua­ti­on auch am Bahn­hof ver­glei­chen. Die wir­ken­den Kräf­te sind mit den Kräf­ten ei­ner ty­pi­schen Zug­durch­fahrt an ei­nem Bahn­steig ver­gleich­bar. Aber bit­te Vor­sicht an der Bahn­steig­kan­te!

Fa­zit: Die Un­ter­su­chun­gen zei­gen, dass die Über­hol­ge­schwin­dig­keit bei der Fest­le­gung von Über­hol­ab­stän­den zu be­rück­sich­ti­gen ist. Wenn also die in­ner­ört­li­che Ge­schwin­dig­keit nicht ver­rin­gert wird, ist drin­gend auf die Ein­hal­tung der 1,5 Me­ter zu ach­ten.

Wenn je­doch die Ab­stän­de nicht ein­ge­hal­ten wer­den, an Eng­stel­len trotz de fac­to Über­hol­ver­bot über­holt wird oder Rad­fahr­strei­fen zu schmal sind, soll­te die in­ner­ört­lich Ge­schwin­dig­keit her­ab ge­setzt wer­den.

Die­se Un­ter­su­chung ist also ein Grund mehr für die Ein­füh­rung von Tem­po 30 in der Stadt.

Wir or­ga­ni­sie­ren je­den letz­ten Frei­tag im Mo­nat eine Cri­ti­cal Mass Fahr­rad-Demo. Wir möch­ten den Ver­kehr nicht blo­ckie­ren, son­dern zei­gen, dass wir auch Ver­kehrs­teil­neh­mer sind. Mehr Rück­sicht auf schwä­che­re Ver­kehrs­teil­neh­mer und bes­se­re Rad­we­ge wä­ren da schon ein Fort­schritt!

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