Rück­bau der Fuß­gän­ger­be­rei­che als Lö­sung?

Das Jahr 2024 war si­cher kein leich­tes Jahr für Ib­ben­bü­ren. Der Zu­stand lässt sich ab­le­sen: Leer­stän­de, Kon­kur­renz um Park­plät­ze und Auf­ent­halts­be­rei­che, Bahn­hof, Nah­ver­kehr und Schwimm­bad-Rui­nen las­sen die Le­bens­qua­li­tät und An­zie­hungs­kraft der Stadt im­mer klei­ner wer­den. Den Un­ter­neh­men fehlt es an Pla­nungs­si­cher­heit, wäh­rend die Ver­wal­tung vie­le wich­ti­ge Pro­jek­te nicht er­le­digt und gleich­zei­tig mit dem Man­gel an Fach­per­so­nal zu kämp­fen hat.

Also für mich klingt das wie Kri­se und Ab­wärts­spi­ra­le. Da­bei ist doch Ad­vent, alle freu­en sich aufs Weih­nachts­fest. Fe­ri­en, Schlitt­schuh­lau­fen, Fa­mi­lie und Freun­de, hei­ße Ge­trän­ke an der Eis­bahn!

Nun, im Grun­de wer­den sol­che Si­tua­tio­nen be­reits seit Jah­ren wis­sen­schaft­lich be­trach­tet, un­ter­sucht und ge­mes­sen. Vie­le Orte in un­se­rer west­li­chen Welt er­le­ben die glei­chen Pro­ble­me. Vie­le Orte fin­den krea­ti­ve Lö­sun­gen, ge­hen neue Wege und pro­bie­ren neue Stra­te­gien.

Hier die ein­schlä­gi­ge Li­te­ra­tur:
Mi­cha­el Kon­ken — Stadt­mar­ke­ting, Hand­buch für Städ­te und Ge­mein­den, FBV Me­di­en Ver­lag
Bernd Ei­sen­stein — Grund­la­gen des De­sti­na­ti­ons­ma­nage­ments, Ol­den­burg Ver­lag
Bund — Rad­ver­kehr be­lebt das Ge­schäft, Emp­feh­lun­gen für Han­del & Ver­wal­tung, pdf bei Bund Ber­lin e.V.
Til­man Bra­cher, Rad­ver­kehr & Ver­kehrs­wen­de, Deut­sche In­sti­tut für Ur­ba­nis­tik
Horst Opa­schow­ski — Bes­ser le­ben, schö­ner woh­nen, Pri­mus Ver­lag
Horst Opa­schow­ski — So wol­len wir le­ben, Gü­ters­lo­her Ver­lags­haus
Kat­ja Diehl — Au­to­kor­rek­tur, Mo­bi­li­tät für eine le­bens­wer­te Welt, S. Fi­scher Ver­lag
Ju­lia­ne Schu­ma­cher — How to sur­vi­ve als Rad­fah­rer, Schwarz­kopf & Schwarz­kopf
Kers­tin Fin­kel­stein — Stras­sen­kampf, War­um wir eine neue Fahr­rad­po­li­tik brau­chen, Ch. Links Ver­lag

Quel­le: Buch­la­den am Post­hof

Ei­ni­ge wa­gen den Um­bau und die Aus­rich­tung auf zu­künf­ti­ge Er­for­der­nis­se: Ko­pen­ha­gen, Pa­ris und Bar­ce­lo­na sind da­bei be­stimmt die pro­mi­nen­ten Vor­rei­ter. Je­der hat be­stimmt ein Bild der klei­nen Gas­sen al­ter Städ­te vor Au­gen, durch die man sich schlän­gelt und vie­le klei­ne Ge­schäf­te fin­det. Auch in den be­nach­bar­ten Nie­der­lan­den sind die In­nen­städ­te at­trak­tiv und be­lebt, die Ab­we­sen­heit von Au­tos för­dert da­bei das Wohl­be­fin­den der Pas­san­ten. Man fühlt sich si­cher und ver­weilt ger­ne et­was län­ger. Fa­mi­li­en kön­nen ihre Kin­der frei lau­fen las­sen, Men­schen mit kör­per­li­chen Ein­schrän­kun­gen fin­den bar­rie­re­freie Wege.

Kern der Pro­ble­ma­tik: Der Wohn­ort ist zu­gleich Auf­ent­halts- und Ver­sor­gungs­ort, der Ort, an dem man Freun­de und Fa­mi­lie tref­fen kann, sich mit dem Nö­tigs­ten ver­sorgt und Hil­fe fin­det, wenn man sie braucht. Hand­wer­ker, Ärz­te und Fri­sö­re bie­ten ihre Dienst­leis­tun­gen an. Gleich­zei­tig wer­den die­se Be­rei­che durch Ver­kehrs­we­ge er­drückt und an den Rand ge­drängt.

Ein heik­les The­ma: Möch­te man, dass die Men­schen in der Stadt ver­wei­len oder nur die Ware in den Kof­fer­raum la­den? Mit un­se­rer In­itia­ti­ve für ein­fa­che und si­che­re Rad­we­ge möch­ten wir mehr Rad- und Fuß­ver­kehr in der Stadt er­mög­li­chen. Im­mer­hin gilt die In­nen­stadt von Ib­ben­bü­ren für Rad­fah­ren­de als gut er­reich­bar und den­noch sind mehr als 50% al­ler mo­to­ri­sier­ten Fahr­ten kür­zer als 5 km.

Den­noch sind Im­mo­bi­li­en-Ent­wick­ler an­de­rer Mei­nung. In der Zei­tung prä­sen­tier­te ein stadt­be­kann­ter Mak­ler sei­ne Ideen von ei­ner au­to­ge­rech­ten In­nen­stadt für Gas­tro­no­mie und Ein­zel­han­del. Na­tür­lich wird er sei­ne (um­satz­ori­en­tier­ten) Grün­de ha­ben, die Fuß­gän­ger­be­rei­che noch wei­ter zu­rück­drän­gen zu wol­len. Wir sind je­doch nicht da­von über­zeugt. Auf ei­nem Stell­platz kön­nen zehn Rad­fah­ren­de ihre Rä­der ab­stel­len, d.h. ein Porte­mon­naie ge­gen zehn Geld­bör­sen. Rad­fah­ren för­dert das Ver­wei­len in der Stadt, Park­platz­su­che vor der La­den­tür för­dert Kon­flik­te und Stress.

Der ewi­ge Kon­flikt in Ib­ben­bü­ren

Wir sind üb­ri­gens nicht die Ein­zi­gen, die der Mei­nung sind, Rad- und Fuß­ver­kehr för­dern die Si­cher­heit und Auf­ent­halts­qua­li­tät in ei­ner Stadt. Wir emp­feh­len den Vor­trag von Dr. Her­mann Kno­fla­cher mit dem Ti­tel “Den Auf­bruch wa­gen!”. (Som­mer 2018, Köln). Die Aus­füh­run­gen sind nicht neu, son­dern be­reits sechs Jah­re alt. Es dau­ert halt manch­mal län­ger, bis Er­kennt­nis­se wahr­ge­nom­men wer­den.

Ver­kehrs­pla­nung und Stadt­ent­wick­lung, Schul­po­li­tik und Nah­ver­kehr, Kul­tur und Frei­zeit­an­ge­bo­te sind durch die Ver­wal­tung zu ma­na­gen und die Rich­tung durch die Po­li­tik zu be­stim­men. In Ib­ben­bü­ren sind die Aus­sich­ten nicht ro­sig.
Der Rat ent­schei­det sich ge­gen den Bahn­hofs­neu­bau, hat kein Geld mehr für ein zeit­ge­mä­ßes Schwimm­bad und ru­dert zu­rück beim Aus­bau des Schul­stand­orts. Die Ver­wal­tung ver­liert ei­nen Ver­kehrs­pla­ner, die Stadt­pla­nung ver­hed­dert sich in Zu­stän­dig­kei­ten und nicht wahr­nehm­ba­rer Zu­sam­men­ar­beit. Be­an­trag­te Pro­jek­te fal­len un­ter den Tisch und Ent­schlüs­se wer­den nicht um­ge­setzt.

Es stellt sich also die Fra­ge: Kann oder will Ib­ben­bü­ren es nicht bes­ser ma­chen?

Des­halb or­ga­ni­sie­ren wir je­den letz­ten Frei­tag im Mo­nat eine Cri­ti­cal Mass Fahr­rad-Demo. Wir möch­ten den Ver­kehr nicht blo­ckie­ren, son­dern zei­gen, dass wir auch Ver­kehrs­teil­neh­mer sind. Mehr Rück­sicht auf schwä­che­re Ver­kehrs­teil­neh­mer und bes­se­re Rad­we­ge wä­ren da schon ein Fort­schritt!

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